Neuigkeiten zu ProNuSs

Auswirkungsbetrachtungen bei Wasserstoff-Freisetzungen mit ProNuSs

Liebe ProNuSs Nutzer*innen,

im Zuge der nationalen Wasserstoffstrategie haben die Anfragen zur Modellierung und Durchführung von Auswirkungsbetrachtungen bei Wasserstoff-Freisetzungen stark zugenommen. Wir haben deshalb im vergangenen Jahr die in ProNuSs vorhandenen Modelle hinsichtlich Wasserstoff-Freisetzungen überprüft und zusätzliche Modelle implementiert.

Bei der gasförmigen Freisetzung von Wasserstoff über einen Ausbläser ist zwischen einer impulsbehafteten und einer „impulsfreien“ Freisetzung zu unterscheiden.

Ist der Austrittsimpuls ausreichend groß, bildet sich ein Wasserstoff-Freistrahl aus. Das etablierte und in ProNuSs implementierte Freistrahlmodell von Schatzmann findet für schwere, dichteneutrale und leichte Gase Anwendung. Während Vergleichsberechnungen gegenüber Experimenten für die Freisetzung von Helium noch eine gute Übereinstimmung ergaben, wurden für Wasserstoff-Freistrahlen größere Abweichungen festgestellt. Es wurde deshalb in ProNuSs eine Modifizierung des Freistrahlmodells von Schatzmann für Wasserstoff-Freistrahlen durchgeführt, mit der eine gute Übereinstimmung zu den verfügbaren experimentellen Vergleichsdaten erzielt wird. Darüber hinaus ist für Fragestellungen hinsichtlich des explosionsfähigen Bereichs bei Wasserstoff-Freisetzungen mit geringem Austrittsimpuls das empirische Modell von Chen/Rodi modifiziert worden.

Aufgrund der geringen Dichte von Wasserstoff erfolgt bei verhältnismäßig großen Freisetzungsquerschnitten eine „impulsfreie“ Freisetzung. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich kein stabiler Freistrahl ausbildet und somit die Freistrahlmodelle nicht herangezogen werden können. Für die Berechnung der impulsfreien Ausbreitung dichteneutraler und leichter Gase kann die VDI 3783 Blatt 1 als Stand der Technik herangezogen werden. In ProNuSs ist neben dem alten Gauß-Modell (1987) auch das lagrange´sche Partikelmodell AustalHaz und das neue Gauß-Modell des aktuellen Entwurfs der VDI 3783 Blatt 1 (Diskussionsstand 08.2023) implementiert. Für die Berechnung des explosionsgefährdeten Bereichs im Nahbereich des Ausbläsers ist das lagrange´sche Partikelmodell heranzuziehen, da das Gauß-Modell erst ab einer Entfernung von 100 m zum Freisetzungsort angewendet werden soll.

Bei einer verzögerten Zündung von Wasserstoff-Freistrahlen sind bei experimentellen Untersuchungen relevante Explosionsüberdrücke gemessen worden. Zur Berechnung des Gefährdungsbereichs ist das in der TECHNISCHE SICHERHEIT 13 (2023) NR. 05-06 veröffentlichte Modell in ProNuSs implementiert, das als Eingangsparameter auf die Berechnungsergebnisse des modifizierten Freistrahlmodells von Schatzmann zurückgreift.

Als weitere Neuheit wurde kürzlich das BST-Modell (Baker-Strehlow-Tang-Modell) zur Berechnung von Explosionsüberdrücken bei sphärischen Gaswolkenexplosionen implementiert. Im Gegensatz zum Multi-Energy-Modell wird mit dem BST-Modell auch die Reaktivität des Gases als Einflussparameter berücksichtigt. Nach dem BST-Modell (und experimentellen Untersuchungen) ist eine Detonation aufgrund der hohen Reaktivität von Wasserstoff bei einer Verblockung der Gaswolke nicht auszuschließen.

Zur Beurteilung der Wärmestrahlung in der Umgebung infolge einer Freistrahlflamme steht Ihnen das für Wasserstoff-Freistrahlflammen entwickelte Modell von Saffers/Molkov zur Verfügung. Derzeit prüfen wir alternative bzw. weiterentwickelte Modellansätze, die zu einer noch besseren Übereinstimmung mit Experimenten führen.

Aufgrund der zahlreichen Neuerungen, befinden wir uns derzeit in der Planung einer ONLINE-SCHULUNG zum Thema Auswirkungsbetrachtungen bei Wasserstoff-Freisetzungen, bei dem die genannten Modelle detailliert vorgestellt und die Anwendung anhand von Beispiel-Szenarien dargestellt wird. Eine Einladung werden Sie dazu in den kommenden Wochen erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr ProNuSs Team.